Die Töpferei der Alamannen
Die Rohstoffe
Der Ton
Das Material, das man zum Töpfern verwendet, nennt man Ton. Lehm dagegen ist stark verunreinigter Ton und zum Töpfern zu grob. Ton kommt recht häufig vor und ist nicht allzu schwer zu finden. Er wird nach dem Ausgraben von groben Verunreinigungen befreit und kann meist sofort verarbeitet werden. Wenn er zu stark verunreinigt ist, muss er geschlämmt, das bedeutet, in Wasser verflüssigt und durch ein Sieb gegossen werden.
Die Magerung
Ton ist plastisch, das heißt, man kann ihn verformen. Je reiner der Ton ist, umso plastischer ist er. Solchen reinen Ton bezeichnet man als "fett", weil er schmierig ist und glänzt. Beim Trocknen schrumpft der Ton und dabei können Risse entstehen. Fetter Ton ist dabei besonders empfindlich. Er muss "gemagert" werden, wenn er nicht von Natur aus genügend Verunreinigungen enthält. Magerer Ton ist zwar brüchiger und schwerer zu verarbeiten. Doch die Magerung macht den Ton porös, so dass er gleichmäßiger trocknet. So bilden sich keine Trocknungsrisse.
Der Ton schrumpft, wenn er gebrannt wird, und hier macht die Magerung den Ton unempfindlicher gegen Hitzesprünge. Und wenn das Gefäß später im Feuer verwendet wird als Kochtopf oder als Tiegel beim Metallgießen macht die Magerung es hitzeunempfindlich. Als Magerung kann man verschiedenste Materialien verwenden - die Alamannen und Germanen verwendeten meist groben oder feineren Sand.
Das Formen - Kannten die Alamannen die Töpferscheibe?
Die germanische Keramik wurde zunächst freihand ohne Töpferscheibe gefertigt. Die Römer dagegen fertigten fast nur Drehscheibenkeramik auf der schnell drehenden Töpferscheibe, die mit einem Stab oder dem Fuß betrieben wurde. Als die Alamannen im 3. Jh. den Limes überschritten und sich in ehemals römischen Gebieten ansiedelten, wurde die römische Töpferei zum Teil fortgeführt (so zum Beispiel die rauhwandige Drehscheibenware, oder die Terra nigra, die im Neckarraum produziert wurde, oder die rotgestrichene Ware, die auf die römische Terra sigillata zurückgeht).Außerdem gab es Keramikimporte aus dem römischen Raum.
Doch ein großer Teil der alamannischen Keramik wurde weiterhin freihand ohne Drehscheibe gefertigt. Es wurden auch römische Gefäße, die auf der Töpferscheibe hergestellt worden waren, freihand nachgeahmt. In der Merowingerzeit (um 450 bis um 750 n. Chr.) übernahmen die Alamannen die Drehscheibenkeramik von den benachbarten Franken (die die römische Töpferei in Gallien fortsetzten). Doch nebenher wurde immer noch ein großer Teil der Keramik freihand geformt. Denn die Alamannen lebten als Bauern in Einzelhöfen und kleinen ländlichen Siedlungen. Viele alltägliche Gebrauchsgüter wurden selbst hergestellt oder im Tausch mit den Nachbarn erworben. Es gab einige Töpfereien auf Herrenhöfen oder in größeren Siedlungen, in denen auf der Drehscheibe getöpfert wurde. Es gab aber noch keine Städte mit spezialisierten Berufshandwerkern, so dass die Drehscheibenware nicht für den Bedarf der ganzen Bevölkerung ausreichte. So töpferte man zusätzlich für den Eigenbedarf, und zwar wie gewohnt ohne Töpferscheibe: Denn eine Werkstatt mit Töpferscheibe einzurichten, lohnt sich eher dann, wenn man große Mengen für viele Personen produziert.
Töpfern ohne Scheibe
Um Ton ohne Töpferscheibe zu Gefäßen zu formen, kann man entweder "aus dem Vollen treiben", das bedeutet, in eine Kugel aus Ton ein Loch drücken und allmählich zu einem Gefäß formen, oder das Gefäß aufbauen. Das kann man mit der Wulsttechnik oder Plattentechnik. Dabei werden Wülste (Würste, Rollen) beziehungsweise Platten geformt, die jeweils auf den Gefäßrand gelegt, festgedrückt und verstrichen werden. Manche Gefäße sind auch in einer kombinierten Technik auf einer Drehscheibe in Aufbautechnik geformt, so genannte nachgedrehte Keramik. Dazu wurde wohl eine langsame, handbetriebene Drehscheibe verwendet.
Verzierungen
Die Germanen verzierten ihre Gefäße mit Buckeln, Dellen, mit eingeritzten Mustern. Außerdem wurden gerne Stempel eingedrückt. Manche Gefäße wurden geglättet und poliert, bis sie glänzten. Viele Gefäße, wie grobes Kochgeschirr, blieben auch unverziert. Nur selten wurden die Gefäße bemalt (wie die römisch geprägte rotgestrichene Ware). Glasuren waren ungebräuchlich.
Brennen
Nach dem Formen werden die Gefäße einige Tage an der Luft getrocknet. Doch noch können sie jederzeit wieder in Wasser aufgeweicht werden. Deshalb muss man sie brennen. Dabei findet eine chemische Umwandlung statt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Bereits etwa 500-600°C reichen dazu aus. Schon ein einfaches offenes Lagerfeuer kann bis zu etwa 950°C heiß werden. Man kann den Ton deshalb einfach im so genannten offenen Feldbrand oder in einem Grubenbrand brennen. Vielleicht gab es auch einfache Brennöfen. In den spezialisierten Töpferwerkstätten gab es große Töpferöfen. Beim oxidierenden Brand ist die Brennatmosphäre mit Sauerstoff (O2) gesättigt, die Gefäße werden hell oder rötlich. Eine reduzierende Brennatmosphäre ist dagegen mit Kohlendioxid (CO2) gesättigt, im Ton wird Kohlenstoff eingelagert, es entstehen dunkle Farbtöne: grau, braun, schwarz.
Die alamannische Keramik ist häufig reduzierend gebrannt. Man musste den Meiler oder die Brandgrube mit Erde oder Asche bedecken, beziehungsweise den Ofen sehr gut abdichten, damit beim Brennen kein Sauerstoff an die Gefäße gelangen konnte.
Wie die Tonwaren verwendet wurden
Wir sind gut über die Keramik informiert, weil sie nicht verrottet und bei archäologischen Ausgrabungen viel öfter gefunden wird als andere Materialien. Einige Funde stammen aus alamannischen Gräbern. Die oft sehr schönen Gefäße wurden den Toten mit Speisen und Getränken gefüllt für den Weg ins Jenseits mit ins Grab gegeben. Die Scherben, die man in Siedlungen findet, stammen eher von einfacheren Gefäßen, die kaputtgegangen und weggeworfen worden sind.
Tischgeschirr
Die Keramik der Alamannen war so genannte Irdenware. Sie war porös und sog sich mit Wasser voll. Die Oberfläche war oft rau und ähnelte der eines heutigen Blumentopfs oder Ziegelsteins. Sie konnte aber auch auf Hochglanz poliert werden, so dass sie beinahe wie eine Glasur wirkte - echte Glasuren waren aber nicht üblich. Es gab Schüsseln aus Ton, doch für Schüsseln und Teller verwendete man gerne Holz, ebenso für Kannen und Becher. Doch Holzgegenstände sind nur sehr selten erhalten. Aus Ton machte man auch Trinkgefäße sowie Kannen und Krüge. In manchen Kindergräbern findet man Breinäpfe.
Kochtöpfe
Auch Kochgefäße waren aus Ton. Die groben Töpfe sind durch die niedrige Brenntemperatur und starke Magerung besonders hitzebeständig. Auch dass sie so porös sind, macht sie zum Kochen geeignet. Kochen in Tontöpfen ist heute noch beim so genannten Römertopf bekannt, wie auch in der Balkan-Küche (Juwezi). In welchem Maß auch Kochtöpfe aus Metall verwendet wurden, ist unklar. Es gibt nur sehr wenige Funde von Metallkesseln, aber das liegt auch daran, dass Metall wertvoll war und anders als Tonscherben recycelt werden konnte.
Auch zum Aufbewahren von Nahrung wurden Tongefäße verwendet: Wenn man Wasser und nasse Lebensmittel, wie Getränke, eingelegtes Obst und Gemüse, Dickmilch oder Quark, in porösen Tongefäßen lagert, wird der Inhalt durch die Verdunstung gekühlt. Auch Mehl, Kräuter, Schmalz, Butter, Öl, Honig, Nüsse, Salz, Trockenfrüchte und anderes können darin gelagert worden sein.
Doch nicht nur Gefäße konnten aus Ton hergestellt werden. Auch so genannte Spinnwirtel waren aus Ton. Sie dienen beim Spinnen von Leinen oder Wolle mit der Handspindel als Schwunggewicht. Man findet sie in Frauengräbern, oder auch in Webhütten, zusammen mit Webgewichten aus Ton, die als Gewichte beim Weben mit dem Gewichtwebstuhl benutzt wurden.
M.R.