Glaube und Religion
Götter
Der Glaube der Alamannen vor der Christianisierung ist nur schwer fassbar. Textquellen liegen nur in sehr geringem Umfang vor und stammen nahezu ausschließlich von römischen Autoren. Eigene Textquellen der Alamannen beschränken sich auf vereinzelte Runeninschriften, die jedoch kaum über die Nennung des Namens einer Gottheit hinaus gehen (z. B. Fibel von Nordendorf). Die archäologischen Quellen zur Religion sind ebenfalls dünn gesät. Insbesondere konnte bislang im Siedlungsgebiet der Alamannen kein Opferplatz ausgemacht werden. Möglicherweise wurden jedoch die Opferplätze im Norden weiter benutzt. Spätere Textquellen, wie die Merseburger Zaubersprüche und die viel späteren Edda s können nur eingeschränkt zur Klärung der Götterwelt der Alamannen verwendet werden.
Die wohl ergiebigste Textquelle zum Glauben der Germanen ist die Germania des Tacitus. Er beschreibt allerdings die Götterwelt der Germanen mit den römischen Äquivalenten. „Von Göttern verehren sie am meisten Mercurius,(Wodan) dem sie an bestimmten Tagen auch Menschenopfer zu bringen für frommes Recht halten. Den Herkules (Donar) und Mars(Teiwaz) besänftigen sie durch erlaubte Tieropfer. Ein Teil der Sueven opfert auch der Isis.“ Daneben weist er auch auf die Erdgöttin Nertus hin.
Nimmt man die archäologischen und die Textquellen zusammen, so kann wohl vermutet werden, dass die Alamannen vor allem die Götter Wodan, Donar, Teiwaz und Freyr verehrten. Balder, Fol, Sunna, Frija und weitere der Asen dürften ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Religionsorganisation
Tempel und Kirchen spielten für die vorchristlichen Alamannen wohl keine Rolle. Orte der Gottesverehrung waren wohl vielmehr, wie es bereits Tacitus, und später Agathias berichten, Naturorte, wie heilige Haine, Moore, Seen oder Flüsse. Archäologische Feststellungen zu religiösen Zentren im alamannischen Siedlungsgebiet liegen allerdings nicht vor.
Ebenso fehlen Erkenntnisse zu einer organisierten Priesterschaft irgendeiner Form.
„Christianisierung“
Bereits in der Landnahmezeit hatten die Alamannen wahrscheinlich Kontakt zum Christentum. Einerseits war die gallorömische Restbevölkerung im Siedlungsgebiet wahrscheinlich bereits teilweise christianisiert, andererseits ergaben sich aus Handelskontakten, Militärdienst und Plünderungszügen naturgemäß immer wieder Kontakte zu christianisierter römischer Bevölkerung. Ob die Alamannen in dieser Zeit bereits einige christliche Glaubensvorstellungen annahmen und mit ihren eigenen mischten ist unklar. Die Zuwanderung von bereits christianisierten Ostgermanen im fünften Jahrhundert dürfte dem Christentum den Weg weiter geebnet haben. Eine mehr oder weniger organisierte Christianisierung der Alamannen erfolgte ab dem Ende des sechsten Jahrhunderts, vorwiegend durch irische Mönche. Dabei kam es jedoch nicht zu einem scharfen Schnitt in den Glaubensvorstellungen. Vielmehr weisen die archäologischen Befunde darauf hin, dass nach und nach immer mehr christliche Glaubensvorstellungen in die ursprüngliche germanische Glaubenswelt integriert wurden. Erst mit zunehmender kirchlicher Organisation und einer zweiten Missionsphase ab dem späten siebten oder frühen achten Jahrhundert wurde dieser Synkretismus durch eindeutig christliche Glaubensvorstellungen abgelöst.
Thomas Leimbach
Lizenz: Creative Commons mit Namensnennung