Eldrid

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Mein Name ist Eldrid aus dem Stamm der Hermunduren.

Ich lebe in einem Dorf mit 20 Häusern nahe beim römischen Grenzwall am Fluss Nicer. Ich verstehe mich sehr gut auf die Herstellung von Kämmen; mein Vater Eriulf ist Knochenschnitzer und kann meine Hilfe bei der Arbeit gut brauchen, da meine Mutter Fridigund seit einiger Zeit ihre Finger nicht mehr so gut bewegen kann. Die Kämme liefert mein Vater dem Fürsten, der sie dann gegen Glas, Silber und andere Waren bei den römischen Händlern eintauscht.

Neben den Kämmen fertige ich auch Nähnadeln und Ahlen. Als nächstes werde ich einen besonders schönen Haarpfeil machen und danach ein paar Würfel. Schmuckperlen aus Knochen und Horn werde ich wohl im Winter beginnen und sie dann noch einfärben. Mit Rotocker bekommt man z.B. ein sehr schönes Rot hin, mit Beerensaft werden sie blauschwarz.

Zwar ist es nicht üblich, dass ich als Frau auch noch Knochenschnitzerei betreibe - mit der Arbeit für Haus und Hof, dem Spinnen und Weben, habe ich mehr als genug zu tun. Aber meine beiden Brüder sind gestorben - der eine in seinem dritten Winter an Masern und der andere im Kampf - und deshalb sind meine Eltern auf meine Hilfe angewiesen. Und meine beiden älteren Schwestern sind schon in die Häuser ihrer Männer gezogen. Das Arbeiten mit Knochen und Horn bereitet mir Freude - eine willkommene Abwechslung zur stetigen Arbeit auf dem Hof. Außerdem mehre ich damit unseren Besitz, denn der Fürst zeigt sich für gute Waren erkenntlich.

Ich selbst bin erst seit diesem Sommer verheiratet mit Widolf. Er ist ein guter Mann und begleitet meinen Vater oft an den Hof des Fürsten. Weil seine Schwester noch in seinem Haus lebt, werde ich erst zum Winter zu ihm ziehen. Das ist zwar unüblich, aber mein Vater freute sich darüber, und ich kann Widigund ohnehin nicht ausstehen. Zum Glück heiratet sie bald und zieht dann aus. Nächstes Frühjahr möchte ich zum Hof des Fürsten mitkommen, da die römischen Händler sich dort wieder aufhalten werden. Dann kann ich erfahren, welche Güter ich noch herstellen kann. Vielleicht bekommen wir sogar im Sommer eine neue Kuh dafür, aber dafür muss ich noch viele Kämme verkaufen. Man sagt ja, dass die Römer die Haare unserer Frauen kaufen, besonders die blonden. Sie machen daraus Hauben, die die römischen Frauen wie ihre eigenen Haare tragen. Ich selbst würde nie fremdes Haar tragen - keine aus unserem Stamm.

Für uns sind die fremden Sitten der Römer aber recht einträglich. Ich glaube, dass dieses Volk gerne das, was sie von anderen kennen lernen, verwenden. Ich bin froh, dass wir nun friedlich miteinander leben können. Der Handel nützt beiden Völkern viel mehr als die dauernden Kämpfe, aber die Männer werden schon wieder unruhig. Noch hält aber unser Fürst sie im Zaum. Überhaupt fordert er viel von uns allen, aber der Vertrag mit den Römern war weise, und ich bin zuversichtlich, was die Zukunft bringen wird.