Liuthar(us)
Ich bin Liuthar von den Hermunduren.
Vor vielen Jahren, als ich noch ein junger Bursche war, dem gerade mal der erste Flaum im Gesicht wuchs schlossen sich ein paar Jungs aus unserem Dorf zu einer Gefolgschaft zusammen. Wir wollten, abenteuerlustig wie wir waren in die Römer in der Civitas Taunensis ausplündern. Auf dem Weg schlossen sich uns noch ein paar andere junge Burschen an, so dass unsere Gefolgschaft an Ende aus zehn Mann bestand, von denen noch keiner einen richtigen Bart hatte. Wie das Leben so spielt, kaum hatten wir den Limes überschritten gerieten wir in einen Hinterhalt der Römer. Wohl an die dreißig Reiter hatten uns umstellt. Doch sie griffen nicht sofort an. Nachdem wir, chancenlos wie wir waren die Waffen niedergelegt hatten, sprach einer von Ihnen, der unsere Sprache konnte, mit unserem Anführer. Vor die Wahl gestellt, zu sterben oder in die Grenztruppen einzutreten wurden wir römische Grenzer. So schlecht war das Leben als römischer Auxiliar ja auch nicht, dachten wir. Regelmäßige Verpflegung und Sold, das gab es sonst kaum und in dem Vicus am Lager gab es für den Sold alles was man so braucht.
Den ruhigen Wachdienst in den Grenztruppen genossen wir kaum mehr als ein Jahr. Aus heiterem Himmel wurden wir in Marsch gesetzt. Zuerst an die Donau, um weitere Verbände zu treffen und dann weiter nach Syrien, zum Kampf gegen die Perser. Nach der Schlacht bei Palmyra ging es bald zurück nach Antiochia, wo unsere Einheit mit Syrern aufgefüllt wurde. Dann hieß es wieder zurück nach Germanien., nach Mogontiacum , für einen Feldzug in die Germania Magna und zur Grenzsicherung.
Als wir in Mogontiacum ankamen hatte die Rheinlegion Maximinus Thrax zum neuen Kaiser ausgerufen. Wie alle Kaiser wollte er sich wohl erstmal einen Namen machen. Zudem hatten, als wie noch in Syrien waren, große Gefolgschaften die Civitas Taunensis so gründlich heimgesucht, dass die Römer Rache wollten. Also ging es sofort weiter nach Norden und Osten ins Babaricum.
Zurück von dem Feldzug wurde ich in Echzell stationiert. Wie schon früher trug ich meinen Sold am liebsten in den Vicus, zum Würfeln und zu den Frauen. Nach und nach schrumpfte unsere Besatzung immer mehr, aber wir bewachten ja ohnehin fast nur leeres Land. Also machten wir das Beste daraus und sahen zu, dass wir unseren Schnitt machten. Als endlich die 25 Jahre Dienstzeit um waren, ich glaube Gallienus war gerade Kaiser geworden, wurde ich aus der Armee entlassen. Mit den zwei Freunden, die von unserer früheren Gefolgschaft noch übrig waren und einigen anderen gründeten wir ein Dorf, nach der Art, wie wir es aus unserer Heimat kannten. Anfangs besuchten wir noch öfters das Kastell und den Vicus und weitere entlassene Auxiliare siedelten in unserem Dorf. Doch die Kastellbesatzung schrumpfte immer weiter und inzwischen sind die Römer ganz abgezogen. Statt Ihrer kamen Germanen von Norden her zu uns, und einige, darunter meine liebe Frau blieben.
Gefolgschaften ziehen bei uns nur noch durch. Aber meist lassen uns in Ruhe. Sie wollen auf die andere Seite des Rheins, wo noch immer die Reichtümer Roms locken. Unser Bauerndorf ist für sie nicht so interessant, dass sie sich mit uns anlegen wollen. Unsere jungen Männer ziehen ab und zu mit Ihnen.
Mich juckt es ja auch ab und an, Mogontiacum wieder zu sehen. Doch als alter Mann bestelle ich lieber meinen Hof und übe mein Handwerk aus.