Teutomar
Ich bin Teutomar. Ich bin ein Gefolgsmann von Fürst Chlodoald und lebe in seinem Haus.
Im Gefecht führe ich eine Schar Krieger an, so wie die anderen Gefolgsleute meines Herren auch. In Friedenszeiten sorgen wir für die Sicherheit seines Hauses, geben den jungen Kriegern Waffenübungen und ziehen die Abgaben bei den Halbfreien ein. Es ist ein gutes Leben. Eigentlich wäre auch ich ein Bauer geworden, so wie jeder in meiner Sippe in der alten Heimat. Dort lebten wir Semnonen seit alters her und waren die edelsten unter den Sueben.
Hier in der neuen Heimat nennen wir uns Alamanni, genauso wie die Hermunduren und Iuthungen, mit denen wir einen Bund geschlossen haben. Alle hier tragen diesen Namen - auch die, die nicht hier geboren wurde, sondern wie ich erst vor einigen Wintern in dieses Land kamen.
Die Zeiten waren schwer für uns in der alten Heimat. Viele Jahre hatten wir nur schlechte Ernten, und der Hunger im Winter ließ viele sterben. So auch meine Frau und unser letztes Kind. Als wir hörten, dass die Römer gutes Land im Süden aufgegeben hatten und schon einige unserer Sippen sich dort angesiedelt hatten, folgte ich mit anderen unserem Anführer auf dem Zug nach Südwesten. Es war ein langer Weg mit so vielen Familien, und es gab ständig Kämpfe mit den Stämmen, deren Land wir durchquerten. Weil ich größer und stärker als die meisten Männer bin und die Götter mir gesonnen waren, nahm mich der Herr Chlodoald in sein Gefolge auf. Es war mein stolzester Tag, als mir mein Herr am Tag des Gefolgschaftseids ein langes Schwert übergab. Ich hatte mein eigenes Schwert! Von nun an konnte jeder sofort sehen, dass ich kein einfacher Bauer war.
Wann immer wir siegreich waren, erhielten wir Gefolgsleute Anteil an der Beute. Ein Pferd, neue Kleidung, neue Waffen, Schmuck für unsere Frauen, Sklaven, Hausrat. Mit meiner Kettenbrünne bin ich nun fast so gut gerüstet wie mein Herr. Natürlich habe ich ihm dafür die Jahre treue Dienste geleistet. Und die Götter meinten es weiter gut mit mir. Im Gegensatz zu vielen andern habe ich noch alle Gliedmaßen und beide Augen. Mein Herr, der sich hier jetzt König nennt - regulus, wie die Römer sagen - errichtete sich einen befestigten Hof auf einem hohen Bergsporn. Sippen, die nach uns ankamen unterwarfen sich ihm, so dass er immer mächtiger wurde.
Nur merke ich langsam die Jahre. Ich bin nicht mehr so schnell wie früher, und die Gelenke schmerzen in den kalten Nächten. Auch habe ich gestern wieder einen Zahn verloren. Ich werde meinen Herren um ein letztes Geschenk bitten. Einen eigenen Hof mit einigen Knechten. Vielleicht heirate ich dann auch wieder und gründe noch einmal eine Familie. Aber vorher noch ein letzter Kriegszug. Mein Herr will sich einem Zug gegen den Burgundenfürsten Gundachar anschliessen, der Truppen sammelt, um über dem Rhein zu gehen. In einigen Tagen reiten wir los. Noch ein letztes mal richtig Beute machen...